Zulässigkeit der Weitergabe von Patientendaten an ein externes Labor

(06.2007) Wenn ein Arzt Daten und Proben, welche mit dem Namen des Patienten versehen sind, an ein externes Labor übermittelt, dürften eigentlich keinerlei Zweifel daran bestehen, dass dieser Vorgang nur mit der Zustimmung des jeweiligen Patienten erfolgen kann. In der Tat ist eine solche Übermittlung von Patientendaten auch zulässig, solange der Patient in angemessener Weise über die Einschaltung einer laborärztlichen Praxis informiert und mit seinem Einverständnis vom behandelnden Arzt an einen Laborarzt überwiesen wird. Immerhin entsteht in diesen Fällen ein Laborarzt-Patienten-Verhältnis, welches letztlich zur eigenen Abrechnung durch den Laborarzt führt.

Nichts desto trotz erreichen immer wieder Nachfragen sowie Beschwerden die entsprechenden Datenschutzaufsichtsbehörden, nachdem den Patienten eine Rechnung von einem gänzlich unbekannten Laborarzt zugesandt worden ist, mithin sie eben keine Kenntnis von einer derartigen Beauftragung hatten und schon gar nicht ausdrücklich ihr Einverständnis dazu erklärt haben. In diesem Zusammenhang geht es den Patienten nunmehr darum, ob diese Laborbeauftragung ohne ihre ausdrückliche Zustimmung überhaupt zulässig war.

I. Allgemein

Gemäß § 9 Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä) sowie gemäß § 203 Strafgesetzbuch (StGB) unterliegt der Arzt der Schweigepflicht bzw. dem sogenannten Patientengeheimnis. Ihn trifft daher die Pflicht zur Verschwiegenheit über alle ihm in seiner Eigenschaft als Arzt anvertrauten oder bekannt gewordenen Informationen.

Die Daten von Patienten dürfen hierbei selbst im Verhältnis von Arzt zu Arzt lediglich in den Fällen offenbart werden, in denen dies durch eine gesetzliche Normierung gestattet ist oder der Patient eingewilligt hat. Dementsprechend muss für die Beauftragung eines externen Labors die Zustimmung von Seiten des betroffenen Patienten vorliegen, sofern hierbei personenbezogene Daten, d.h. solche, durch welche die Identität der Person erfasst werden kann, übermittelt werden.

Der Fall ist lediglich dann anders gelagert, wenn die Daten einer Veränderung unterzogen werden. Soweit Identifikationsmerkmale (z.B. Name des Patienten) durch ein Kennzeichen ersetzt (Pseudonymisierung) werden, kann die Weitergabe an ein externes Labor in rechtlicher Hinsicht nicht mehr beanstandet werden und muss somit als zulässig erachtet werden.

Pseudonymisieren meint in diesem Fall
„ das Verändern personenbezogener Daten derart, dass die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse ohne Nutzung der Zuordnungsfunktion nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können" (vgl. § 3 Abs. 6a BDSG).

Die einfachste Art der Pseudonymisierung ist dabei die Proben für das Labor mit laufenden Nummern zu versehen und in der eigenen Praxis eine Liste anzulegen, mit deren Hilfe die Labornummern den Patientennamen wiederum zugeordnet werden können. Zudem kommen technische Lösungen wie zum Beispiel Barcodes oder elektronische Verschlüsselungen in Betracht.

II. Die wirksame ausdrückliche Einwilligung

Sofern eine wirksame ausdrückliche Einwilligung von Seiten des Patienten vorliegt, ist eine personenbezogene Datenübermittlung unproblematisch. Voraussetzung für eine solche Einwilligung in die Bekanntgabe von Daten ist die umfassende Aufklärung des Patienten. Der Patient muss hierbei Kenntnis davon erhalten, welches Labor/ welcher Laborarzt im Hinblick auf welche Untersuchung/ welchen Behandlungszusammenhang beauftragt werden soll. Im Idealfall sollte sich die Einwilligungserklärung folglich auf den konkreten Übermittlungsvorgang beziehen. Sollte auf Grund etwaiger Besonderheiten nicht die Möglichkeit gegeben sein, Auskunft über die weitere beauftragte Stelle zu geben, so muss für den erklärenden Patienten dessen ungeachtet eine Beschreibung in der Form erfolgen, dass die Reichweite dieser Einwilligung erkannt werden kann.

Des Weiteren ist § 4a Abs.1 BDSG zu beachten, in welchem es heißt

„Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Er ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen. Die Einwilligung bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie besonders hervorzuheben“.

Die Schriftform stellt sich hiernach als unverzichtbar dar, wobei dies ohnehin bereits aus ärztlicher Sicht unter dem Aspekt der ausreichenden Dokumentation im Hinblick auf etwaige spätere Nachfragen von Interesse sein sollte. Die Einwilligungserklärung unterfällt hierbei wohl unzweifelhaft der Dokumentationspflicht gemäß § 10 MBO-Ä und ist entsprechend zur Patientenakte zu nehmen.

Das Erfordernis der Patientenaufklärung von der Datenübermittlung resultiert ferner sich aus § 33 Abs. 1 BDSG, wonach

„...der Betroffene von der Speicherung, der Art der Daten, der Zweckbestimmung der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung und der Identität der verantwortlichen Stelle zu benachrichtigen (ist)", wenn "erstmals personenbezogene Daten für eigene Zwecke ohne Kenntnis des Betroffenen gespeichert werden".

Die Ausnahmeregelungen von dieser Benachrichtigungspflicht (§ 33 Abs. 2 BDSG) finden dabei bei der Beauftragung externer Labore keine Anwendung.

Schließlich sieht auch die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ausdrücklich vor, dass der Patient vom behandelnden Arzt darüber zu unterrichten ist, wenn

„Leistungen durch Dritte erbracht werden, die diese dem Zahlungspflichtigen unmittelbar berechnen“ (§ 4 Abs. 5 GOÄ).

III. Die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses

Wie sich der Berufsordnung selbst jedoch entnehmen lässt, kann neben einer ausdrücklichen Einwilligung des Patienten grundsätzlich auch ein mutmaßliches Einverständnis für die Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht ausreichend sein:

„ Wenn mehrere Ärzte gleichzeitig oder nacheinander denselben Patienten untersuchen oder behandeln, so sind sie untereinander von der Schweigepflicht insoweit befreit, als das Einverständnis des Patienten vorliegt oder anzunehmen ist“ ( § 9 Abs.4 MBO).

Auch wenn der Laborarzt von dieser Vorschrift sicherlich erfasst ist, stellt sich folglich doch die Frage, wann ein mutmaßliches Einverständnis des Patienten letztlich angenommen werden darf. Im Falle einer Überweisung vom Hausarzt an den Facharzt könnte dies wohl mit dem Erscheinen des Patienten bei letzterem bejaht werden. Hierbei darf allerdings nicht verkannt werden, dass es sich bei dem „Erscheinen“ wiederum um ein aktives Tun von Seiten des Patienten handelt, weshalb dies grundsätzlich eher als explizite Einwilligung als nur ein mutmaßliches Einverständnis interpretiert werden kann.

Mit dem Laborarzt tritt der Patient allerdings im Regelfall ohnehin nicht in einen persönlichen Kontakt, so dass wohl kaum ein Patienteneinverständnis bejaht werden kann, wenn nicht zumindest ein expliziter Hinweis auf die Einschaltung des Kollegen erfolgt. Sollte der Patient hierauf jedoch nicht reagieren, ist dennoch fraglich, ob dies ohne Weiteres als Zustimmung gewertet werden darf.

Immerhin darf nicht verkannt werden, dass das Institut der mutmaßlichen Einwilligung als Rechtfertigungsgrund nur eingreift, wenn die Handlung im Interesse des Betroffenen erfolgt und dieser vermutlich einwilligen würde, aber nicht rechtzeitig einwilligen kann. Im Hinblick auf diese Definition kann ein mutmaßliches Einverständnis im Ergebnis in der hier geschilderten Konstellation folglich jedoch gar nicht in Betracht kommen, da der Arzt, welcher ein Labor beauftragen will, dem Patienten letztlich unmittelbar gegenübersteht. Mithin ist er unproblematisch in der Lage, den Patienten um eine ausdrückliche Einwilligung zu bitten und diesem die Situation und das geplante Vorhaben zu erläutern.

Sofern die Berufsordnung also im Wege eines mutmaßlichen Einverständnisses von der Schweigepflicht befreit, muss auf Grund obiger Ausführungen somit davon ausgegangen werden, dass damit sicherlich andere Fallkonstellationen erfasst werden sollen, als solche, bei denen sich der Patient bei vollem Bewusstsein befindet und entsprechend Stellung beziehen kann.

Der Vollständigkeit halber sei daher darauf hingewiesen, dass es somit schon gar nicht für ein mutmaßliches Einverständnis ausreichen kann, wenn ein Arzt ein Hinweisschild in der Praxis aufhängt, welches darüber informiert, dass die Praxis mit einer Laborpraxis zusammenarbeitet. Immerhin ist nicht sicher, ob der Patient dieses Schild überhaupt registriert und dessen Bedeutung für sich bzw. den Umgang mit seinen Daten erkennt. Sollte der Patient mit der Datenweitergabe jedoch nicht einverstanden sein, kann er aus einen solchen Hinweis wohl kaum einen Rückschluss auf die Notwendigkeit eines Widerspruchs ziehen.

IV. Fazit

Wenn ein Arzt pseudonymisierte Daten eines Patienten an ein externes Labor übermittelt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Anderenfalls benötigt er die Einwilligung des Patienten, wobei dieser eine entsprechende Information vorangehen muss. Hierbei muss es sich wiederum um eine ausdrückliche Einwilligung handeln, da der Patient in dieser Situation in Bezug auf eine Laborbeauftragung gefragt werden kann, weshalb letztlich kein Raum für das Institut der mutmaßlichen Einwilligung mehr existiert. Die ausdrückliche Einwilligung muss dabei schriftlich erfolgen und sich im Idealfall auf den konkreten Übermittlungsvorgang beziehen.

Auch wenn letztlich keine überspitzten Anforderungen an die ausdrückliche Einwilligung gestellt werden sollte, erscheint es empfehlenswerter gerade im Bereich der Patientendaten behutsam vorzugehen, da es sich letztlich um sehr sensible Angaben handelt, wobei ein fehlerhafter Umgang mit diesen das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nachhaltig beeinflussen kann.


Themenbezogene Links:
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Die Autorin Sandra C. Linnemann

Rechtsanwältin Sandra C. Linnemann ist seit 2005 im Medizinrecht tätig. Neben ihrer mehrjährigen Tätigkeit bei einer renommierten, ausschließlich auf den Gesundheitssektor spezialisierten Kanzlei leitete sie bei einem Abrechnungsspezialisten für Leistungserbringer im Gesundheitswesen den Bereich Recht/Erstattungsservice. Darüber hinaus ist sie Autorin diverser medizinrechtlicher Publikationen.

Frau Sandra C. Linnemann ist seit 2012 Inhaberin der Medizinrechtskanzlei Linnemann in Dortmund. Hier berät sie Leistungserbringer und andere Leistungsanbieter im Gesundheitswesen sowie Kostenträger.

medizinrecht-linnemann.de