Wartezimmer-TV in der Arztpraxis – Änderungen des Telemediengesetzes (TMG)

(09.2010) Das Telemediengesetz (TMG) wurde zum 31. Mai 2010 geändert, indem auch so genannte „audiovisuelle Medien“ in das Telemediengesetz aufgenommen wurden. Audiovisuelle Medien sind sowohl Fernsehdienste als auch audiovisuelle Dienste auf Abruf. Es sind Dienste, "die nach Form und Inhalt fernsehähnlich, d.h. mit herkömmlichen Fernsehen vergleichbar" sind, wie z.B. Spielfilme, Sportberichte oder Dokumentarfilme. Sie richten sich an die mit dem TV-Publikum vergleichbare breite Öffentlichkeit, ohne aber eine herkömmliche Fernsehtätigkeit in Form der bekannten Programme und Sendungen darzustellen.

In Betracht kommen Internet- oder TV-Medien, bei denen aus verschiedenen Programmen Sendungen bzw. Filme vom Verbraucher selbst ausgesucht werden können. Ansonsten wird die Sendung nicht automatisch – wie im üblichen Fernsehprogramm –abgespielt. Dazu gibt es von Fernsehanbietern besondere Auswahlprogramme, die über das normale Angebot hinausgehen und dem Adressaten eine individuell gesteuerte Auswahl ermöglichen. Auch Online-Angebote, die eine Auswahl an Sendungen und Filmen im Internet unterbreiten, können vom Verbraucher auf individuellen Wunsch abgerufen werden.

Maßgeblich bei der Abgrenzung zu audiovisuellen Medien zu den herkömmlichen Fernsehaktivitäten ist, dass der jeweilige Anbieter die Kontrolle über die Angebote behält und nicht nur Programme bereitstellt und diese dann nicht als automatisches Programm zur Verfügung stehen, sondern an den individuellen Bedarf der Zuschauer angepasst wird.. Die verzögerte Wiedergabe von TV-Sendungen ist davon somit nicht erfasst. Diese wird als herkömmliche TV-Tätigkeit angesehen. Nicht erfasst sind danach auch Medien, die nur einen kleinen bestimmten Personenkreis ansprechen. Audiovisuelle Medien müssen die breite Öffentlichkeit bilden, informieren, unterhalten.

Wartezimmer-TV ebenfalls von den Änderungen des Telemediengesetzes betroffen?

Immer mehr Ärzte, aber auch Kassenärztliche Vereinigungen haben Fernsehgeräte in ihren Räumlichkeiten, um Patienten mit Sendungen, selbstgedrehten Informationsspots oder Ähnlichem im Wartezimmer zu informieren. Diese Information, die den Patienten auf den Bildschirmen geboten werden, wäre ein fernsehähnliches Angebot, auch in audiovisueller Form, dessen Auswahl der Arzt auch steuern kann. Dennoch fallen diese Angebote nicht unter das Telemediengesetz! Es wird weder ein breiter Adressatenkreis angesprochen, noch steht dem Konsumenten eine Auswahl aus verschiedenen Programmmöglichkeiten zur Verfügung. Der Arzt respektive die Kassenärztliche Vereinigung als Verantwortlicher müssen sich demnach nicht nach den Vorschriften des TMG richten.



Themenbezogene Links:
Das Telemediengesetz (TMG) bei gesetze-im-internet.de

Die Autorin

Noëmi Löllgen ist Volljuristin mit dem Tätigkeitsschwerpunkt im Medizinrecht. Seit Februar 2009 ist Sie als Juristin im Bereich Market Access bei Abbott GmbH & Co. KG tätig. Frau Löllgen publiziert regelmäßig die Bearbeitung medizinrechtlicher Themen sowohl in Fachzeitschriften als auch auf dieser Homepage.

Zur Homepage