Die Rechtsprechung des BSG zur Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit

(10.2008) Die Feststellung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist – nicht nur in der Rechtsprechung – sehr umstritten. Insbesondere seit Anfang dieses Jahrzehnts war selbst innerhalb des BSG umstritten, wann Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegt und wann nicht. Der folgende Beitrag soll die unterschiedlichen Auffassungen der sachlich zuständigen 1. und 3. Senate sowie die Auffassung des Großen Senats des BSG und insbesondere auch die Reaktion der Fachsenate hierauf wiedergeben.

Unterschiedliche Rechtsauffassungen

Seit mehr als zehn Jahren war beim BSG erstmals wieder ein Verfahren beim Großen Senat anhängig. Der Große Senat, der sich im vorliegenden Fall aus zwölf Berufsrichtern und sechs ehrenamtlichen Richtern zusammengesetzt hatte, ist zur Entscheidung berufen, wenn ein Senat des BSG von der Rechtsprechung eines anderen Senats abweichen will. Seine Zuständigkeit beschränkt sich auf die Beantwortung der ihm konkret unterbreiteten Rechtsfragen. Konkreter Anlass für den Zusammentritt: Wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen des 1. Senats, der zuständig ist für Leistungsansprüche von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, und des 3. Senats, der zuständig ist für Streitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen, über die Auslegung des § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V hat der 1. Senat mit Beschluss vom 07.11.2006 den Großen Senat des BSG angerufen. Die unterschiedliche Zuständigkeit beide Senate schließt eine Divergenz nicht aus. Denn beide Ansprüche korrespondieren insoweit, als sie sich inhaltlich im Kern decken, weil die Leistung des Krankenhauses zur Erfüllung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten dient.

Inhaltlich ging es darum, ob ein Anspruch erkrankter Versicherter auf vollstationäre Behandlung in einem Krankenhaus erfordern würde, dass die Behandlung allein aus medizinischen Gründen erfolgen und ob das Gericht dieses auch vollständig zu überprüfen habe (so die „engere“ Auffassung des 1. Senats). Der 3. Senat vertrat hingegen die „weitere“ Auffassung, wonach die Leistungspflicht der Krankenkassen für einen vollstationär in das Krankenhaus aufgenommenen Versicherten grundsätzlich auch dann weiter bestehen würde, wenn das Behandlungsziel zwar ebenso gut durch ambulante Behandlung erreicht werden könnte, dem Versicherten eine solche Behandlungsalternative aber von der Krankenkasse nicht ganz konkret nachgewiesen würde. Der 3. Senat billigte dem behandelnden Krankenhausarzt zudem einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Einschätzungsspielraum bei der Frage der Erforderlichkeit von Krankenhausbehandlung zu.

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Themenbezogene Links:
Zum Urteil des BSG vom 10.04.08

Der Autor

Dr. Michael A. Ossege ist seit 2008 für die Kanzlei am Standort Münster tätig. Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit erstrecken sich insbesondere auf das Krankenhausrecht (Finanzierung, Zulassung, Arbeitsrecht im Krankenhaus), das Arzthaftungsrecht, das Recht der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie das Vertragsarztrecht. In diesen Bereichen ist Herr Dr. Ossege bundesweit sachverständig und forensisch tätig; darüber hinaus ist er Autor von gesundheits- und medizinrechtlichen Veröffentlichungen.

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