Sind Bewertungsportale für Ärzte und Zahnärzte im Internet rechtlich zulässig?

(11.2007) Bewertungsportale im Internet sind weit verbreitet und letztlich für viele Nutzer eine Orientierungshilfe mit durchaus ausschlagebendem Charakter bei der Entscheidungsfindung. Nunmehr existieren derartige Internetportale jedoch längst nicht mehr nur im Hinblick auf Einrichtungen wie Hotels oder Online-Shops. Vielmehr bewerten auch Patienten ihre Ärzte, wobei die Studie „Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit 2007“ ergab, dass die Meinungen der Ärzteschaft hierüber stark differieren. Zwar glauben über 90% der Ärzte, dass die Patienten ein großes Interesse an derartigen Internetportalen haben. Allerdings sind über 60 % der Auffassung, dass diese Form der öffentliche Meinungsäußerungen unterbunden werden sollte.

Es mag dabei sein, dass diese doch eher ablehnende Haltung vornehmlich auf der Angst vor Negativbewertungen und somit letztlich auf der Gefahr einer möglicherweise eintretenden Rufschädigung basiert. Darüber hinaus stellt sich aber auch die Frage, ob Positivbewertungen tatsächlich ein Grund zur Freude sind, da dem Arzt diesbezüglich ein Verstoß gegen das berufsrechtliche Werbeverbot vorgeworfen werden könnte..

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Als maßgebliche Vorschrift kommt hierbei § 27 (Muster-)Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Betracht, wobei es in Absatz 3 heißt:

„Berufswidrige Werbung ist Ärztinnen und Ärzten untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Ärztinnen und Ärzte dürfen eine solche Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden. Werbeverbote aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen bleiben unberührt“.

Auf Grund des Umstandes, dass für den Arzt neben einem „Veranlassungsverbot“ gleichermaßen auch ein „Duldungsverbot“ von Werbung existiert, wird er folglich dazu verpflichtet, gegen ihm bekannt gewordene berufswidrige Werbung einzuschreiten. Insofern erscheint es aber in der Tat nicht abwegig, dass er auch im Hinblick auf positive Bewertungen über seine Person in einem entsprechenden Portal dafür Sorge zu tragen hat, dass diese entfernt werden. Eine derartige „Entfernungspflicht“ dürfte dem Arzt allerdings wohl nur dann auferlegt werden, wenn es sich bei den Positivbewertungen tatsächlich um Werbung im Sinne der Vorschrift handelt. Dies dürfte im Grunde jedoch zu verneinen sein, da Werbung im klassischen Sinne der bewussten und gezielten Beeinflussung von Dritten dient, wobei sie im Regelfall auf einem Kommerzialisierungsgedanken basiert.

Im Falle der Bewertungsportale werden die einzelnen Beiträge jedoch von Patienten verfasst und basieren auf eigenen Erfahrungen. Der Grund für die Veröffentlichung eines derartigen „Erfahrungsberichts“, welchem in der Konsequenz wohl unzweifelhaft ein Bewertungscharakter zukommt, liegt aber in der reinen Information von Dritten und nicht in der gezielten Beeinflussung von diesen mit dem Zweck sie bewusst dem positiv bewerteten Arzt zu zuschieben. Vielmehr dürften diese Bewertungen als reiner Tipp zu verstehen sein, welcher seinerseits wiederum nichts anderes als eine Form der Meinungsäußerung darstellt. Würde man dem Arzt nun aber die Pflicht auferlegen, diese Positivbewertungen zu entfernen oder ihm gar in diesem Fall einen Anspruch auf Beseitigung von diesen zugestehen, dürfte dies im Ergebnis unzulässig das Recht der Patienten auf freie Meinungsäußerung einschränken.

Zudem besteht wohl auch kein Bedürfnis den Arzt in einer derartigen Konstellation zum Einschreiten zu verpflichten. Das in § 27 (Muster-) Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte normierte Werbeverbot stellt selbst einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Grundgesetz) des Arztes dar. Eine Rechtfertigung solcher Eingriffe ist dabei nur anzunehmen, wenn diesbezüglich besondere Gemeinwohlbelange bestehen. Ein derartiger Gemeinwohlbelang ist ohne Zweifel der Schutz des Patienten, zugleich muss aber auch dem Patienteninteresse an Information ausreichend Rechnung getragen werden. Da die Bewertungen letztlich allerdings von den Patienten selbst vorgenommen werden um auf diesem Wege „objektive“ Anhaltspunkte hinsichtlich der Wahl des Arztes für zukünftige Behandlungen zu schaffen, dürfte zweifelhaft sein, ob eine diesbezügliche Schutzwürdigkeit gegeben. Hierbei darf allerdings nicht verkannt werden, dass es sich bei vielen Fällen von Bewertungen oftmals um Einzelmeinungen handelt, welchen gerade kein objektiver Aussagewert zu kommen kann, da dieser erst ab einem gewissen Umfang an Patientenmeinungen vorliegen dürfte.

Vor Manipulationen nicht geschützt

Einem Bericht der "Welt" zufolge wurden derartige "Rankings" von Ärzteverbänden gerügt. So wies beispielweise auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) darauf hin, dass diesen Internetportalen eine Manipulationsgefahr immanent sei, da die Bewertungen stets subjektiv sind und gesteuert werden könnten.

Demgegenüber zeigte sich die Ärztegenossenschaft Schleswig-Holstein den Bewertungsportalen eher aufgeschlossen. Allerdings übte sie dahingehend Kritik, dass die bewerteten Ärzte keine Information über diesen Vorgang erhalten. Das Ärztenetz in Rendsburg war über die Benotungen einzelner Mediziner in einem konkreten Internetportal derart schockiert, dass es ihren Mitgliedern gegenüber die Empfehlung aussprach, eine Löschung der Daten beim Betreiber zu veranlassen (Quelle: welt.de).

Fazit

In der Tat kann diesbezüglich festgehalten werden, dass Bewertungen nicht in unbegrenzter Form zulässig sind. Aus juristischer Sicht ist dabei maßgeblich, ob eine vorgenommene negative Beurteilung des Arztes im Ergebnis nicht als Beleidigung bzw. schädigende Äußerung zu werten ist. Ist dies der Fall, so erweist sich diese Bewertung nicht mehr bloß als gutes Recht des Patienten seine Meinung frei zu äußern, sondern kann eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Mediziners darstellen. Insoweit obliegt den Betreibern des Bewertungsportals dann jedoch die Pflicht, eine derartige Beurteilung sofort zu entfernen.

Themenbezogene Links:
"Viel Schelte für Ärzte im Internet" (welt.de)

Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit 2007 (PDF)

Zensuren für Ärzte und Anwälte (spiegel.de)

Die Autorin Sandra C. Linnemann

Rechtsanwältin Sandra C. Linnemann ist seit 2005 im Medizinrecht tätig. Neben ihrer mehrjährigen Tätigkeit bei einer renommierten, ausschließlich auf den Gesundheitssektor spezialisierten Kanzlei leitete sie bei einem Abrechnungsspezialisten für Leistungserbringer im Gesundheitswesen den Bereich Recht/Erstattungsservice. Darüber hinaus ist sie Autorin diverser medizinrechtlicher Publikationen.

Frau Sandra C. Linnemann ist seit 2012 Inhaberin der Medizinrechtskanzlei Linnemann in Dortmund. Hier berät sie Leistungserbringer und andere Leistungsanbieter im Gesundheitswesen sowie Kostenträger.

medizinrecht-linnemann.de